Leben mit dem PFIC III - Syndrom

unser Leben aktuell

Wie geht es Lilli heute?

Von dem Tag an, an dem Lilli zum ersten Mal ihre Medizin bekommen hat ist sie fast wie neugeboren.
Das Kratzen auf Grund des starken und unerträglichen Juckreizes hat fast sofort geendet. 
Sie bekam das Ursofalk im ganzen ersten Jahr mit 2,5ml am Abend. Diese Dosis wurde im Juli 2008  auf 5 ml erhöht da sie gewachsen war und sie sich wieder vermehrt gekratzt hatte.
Wir haben die Erfahrung gemacht, daß sie sofort wieder auffällig wird sobald man die Medizin vergisst. Das ist uns bisher ganze zweimal passiert.

Lilli war mit ca. 3 Jahren etwa 85 cm und wog auch weniger als andere Kinder in dem Alter.
Feinmotorisch war sie etwas auffällig. Grobmotorisch war sie bzgl. der Beine ein wenig hinterher. 
Sie war sehr muskelhypoton in den Beinen und im Bauchbereich.
Nachdem sie endlich das Klettern gelernt hat machte sie dies auch mit Vorliebe. 
Sie war ungestüm und nicht besonders ängstlich. 

Als sie 3 Jahre alt war stahen wir in Kontakt mit einer sehr freundlichen Dame vom Gesundheitsamt in Mettmann. 
Ihre Kompetenz und Hilfe sowie ihre tröstende Worte hatten uns sehr weit gebracht. 
Durch ihre Mithilfe und Informationen an uns bekamen wir seit Frühjahr 2008 Frühförderung bei einer superlieben Dame von der "Lebenshilfe e.V." in Ratingen.
Leider ist es so, daß das alles schon viel eher hätte geschehen sollen!
Uns war wirklich viel Zeit verloren gegangen.

Fakt ist, daß Lilli Wahrnehmungsstörungen hatte und noch hat.
Sie konnte sich damals nur sehr schwer selber regulieren, und um sich selber "spüren" zu können - z.B. beim Sitzen - musste sie sich total anspannen . 

Was uns dabei auch sehr zu schaffen gemacht hatte waren ihre Stereotypen.
Sobald sie damals gesessen hat, tippte sie sich mit beiden Zeigefingern ohne Unterlass gegen ihren Bauch. Das sah wirklich in Kombination mit ihrer verkrampften Haltung und den von sich gestreckten Beinchen schlimm aus. 

Dazu kam noch, dass sie ständig alles wiederholte. Permanent!
Hat sie z.B. gesehen wie ihre Schwester sich wehgetan hatte, so zeigte sie es uns aufgeregt und machte es akurat nach. Das alles immer und immer wieder ohne Pause - bis man dem ganzen Einhalt bot. Auch anstrengend waren ihre Wort, - Satz - und Fragewiederholungen. Diese Echolalie begann bereits früh morgens und zog sich über den gesamten Tag.
Natürlich hat sowas jedes Kind damit sie sich auch wirklich alles einprägen. Aber bei Lilli war alles immer extrem. So ist es auch heute noch so, daß Rebecca mir z.B. etwas erzählt oder fragt und ich antworte ihr. Kaum habe ich geantwortet, erzählt Lilli mr exakt das selbe auch noch einmal und ich muß ihr die selbe Antwort geben. Mittlerweile hat sie den liebevollen Spitznamen "Papagei" hier schon bekommen.

Das Schreien und die Unruhe sind heute weg. Geblieben ist nur, daß sie immer noch relativ strukturiert durch das Leben läuft.

Außerdem ist es oft so, daß Kleinigkeiten sie aus dem Konzept bringen und sie dann Wutausbrüche bekommt. Es gibt Tage, da liegt statt dem Schlafanzug das Nachthemd bereit für die Nacht, sie sieht es und beginnt sofort mit dem Geschrei. Man hat absolut keine Möglichkeit, dem entgegen zu wirken oder sie zu beruhigen. Sie schreit, heult und tobt. Und es ist egal was man versucht, sie hört nicht auf. Dies kann mitunter eine Stunde anhalten.
Kleinigkeiten wie diese sind für sie wichtige Dinge.

So hatte der Beifahrersitz auch immer in der selben Position zu stehen bis sie etwa 4 Jahre alt war, denn wenn er anders verstellt war kam sie mit den Füßen nicht an die Rückenlehne dran. Und gerade das musste sie haben denn sie stellte immer sofort die Füße dort dran. War dem nicht so, verlor sie sich im Schreien und Weinen und konnte nicht mehr oder nur schwer abgelenkt werden. 
Auch entwickelte sie selber für sich ihre Rituale. So musste sie eine lange Weile jeden Morgen, nachdem wir ihre Schwester zur Schule gebracht haben, eine Caprisonne haben und dazu ein Rosinenmürbchen. 3 Monate lang. Danach wechselte sie über zum "sich verkleiden" und lief jeden Tag nach dem Kindergarten als Prinzessin durch das Haus. Danach schlief sie wiederrum 3 Monate nur mit einem bestimmten Schal und legte die den ganzen Tag und die Nacht nicht ab - nur zum waschen und anziehen. Das eine ging und etwas neues kam stattdessen - immmer für jeweils ca. 3 Monate!

Außerdem hielt sie im Alter von 1,5 Jahren bis ca. 3 Jahren grundsätzlich das Schlüsselloch der Haustür außen mit einer Hand zu wenn wir heim kamen. Sie nahm die Hand dann weg wenn der Schlüssel zum Einsatz kommt. Dies geschah täglich mindestens 3 - 4x .
Hört eine "Macke" auf, folgt mit 100% iger Sicherheit eine andere.

Treppen steigen kann Lilli zwar jetzt. Sie konnte dies lange Zeit nur in Begleitung und sie verlor ab und zu ihr Gleichgewicht und fiel runter oder eben rauf auf die Stufen.

Sprechen dagegen konnte Lilli bereits unglaublich früh wenn auch bis heute öfters ein wenig nuschelig. 
Bereits mit 5 Monaten sagte sie bewusst MAMA und BILD.
Ich vermute, weil sie so gehandicapt war hatte sie eine Möglichkeit gesucht und gefunden  ihre Defizite zu kompensieren. Und dies geschah eben über die Sprache.
Sie redet seit dem ersten Lebensjahr in ganzen Sätzen.
Heute hat sie bereits einen sehr subtilen Humor und kommt sehr erwachsen herüber.
Vieles möchte sie selber machen und probiert es auch mit einer Ausdauer aus bis sie es kann.
Wozu sie allerdings keine Ausdauer hat ist, Spiele spielen oder puzzlen.
Dafür hat sie absolut keine Geduld.
Was sie liebt ist Musik und singen und tanzen. Sie kann dem Klavier mit zwei Fingern gleichzeitig durchaus melodische Töne und kleine Melodien entlocken.
Daneben malt sie äußerst gerne und viel und singt auch wunderschön.
Wasser überhaupt ist jetzt ihr Element. Im Schwimmbad oder in der Badewanne ist sie die erste die reingeht und die Letzte die wieder herauskommt.

Sie schläft seit dem zweiten Lebensjahr durch und kommt nur ab und zu Nachts in unser Bett.
Allerdings schläft sie immer erst gegen 21h30 ein.

                                    ----------------------------------

Lilli ging ab August 2009 in einen integrativen Montessori - Kindergarten.
Dort war sie als Integrativkind eingegliedert. Sie erhielt dort Logopädie und Motopädie sowie Ergotherapie. Durch den sehr späten Zahndurchbruch hatte sie eine manchmal sehr undeutliche Aussprache. Außerdem stellten wir einen Antrag für die Pflegestufe I welche wir dann bis Herbst 2011 auch erhielten. Das letzte Jahr im Kindergarten hat sie einen enormen Aufschwung gemacht und ist bis heute dort das einizge Kind über die letzten 30 Jahre, welches den Integrativen Status abgeben konnte durch ihre positive Entwicklung.  Eine Pflegestufe hat sie heute nicht mehr!                                 

Wir versuchen Lilli ein normales Leben zu bieten. Denn noch ist sie nicht transplantiert. 
Sie hat mit einigen Unterbrechungen wegen der damals häufigeren Kontrollbesuchen in der Klinik und bei der Kinderärztin die Spielgruppen besucht, wir sind in den Urlaub geflogen und machen auch sonst alles mögliche ganz normal. 

Betreffend der Ernährung achte ich darauf, daß sie ausgewogen isst und daß ich frisch koche.
Natürlich isst sie Süßigkeiten, aber ich achte darauf, daß es in Maßen ist und LAKRITZE sind verboten!

Alles in allem muß ich sagen, hat sie sich super gemacht.
Sie ist eine starke Persönlichkeit!

Wir leben heute bis auf die Hautpflege und die Arzttermine sowie die Medizin relativ normal.
Mit ein paar Einschränkungen, aber an die haben wir uns gewöhnt. Rebecca liebt ihre kleine Schwester über alles und kümmert sich rührend und vor allem freiwillig um sie. Lilli gibt ihrer großen Schwester diese Liebe und Hochachtung jeden Tag zurück. Sie streiten sich und vertragen sich. Aber man kann regelrecht spüren, was für ein dickes, unsichtbares Band die beiden Mädchen verbindet.
 
Lilli besucht seit Sommer 2012 die Regelgrundschule und ist dort voll integriert und glücklich.
Sie ist eine gute durchschnittliche Schülerin.

Sie hatte mit ca. 3 Jahren begonnen sich eine Phantasiewelt zu erschaffen welche sie "Lilijana" nannte. Dort war sie groß und stark und mutig, sie hatte viele Freunde und erfand täglich neue Geschichten über diese Welt welche FÜR SIE absolut realistisch war. Sie erzählte uns oft und gerne darüber.
Diese Welt erschuf sie sich um sich mit ihrem DA SEIN und der Erkrankung zu beschäftigen - dies zu verarbeiten. Denn mit uns über ihre Erkrankung sprechen geht auch heute nur schwer und nicht selten endet es in Tränen. Langsam erfährt sie jedoch Sicherheiten durch ihre Freunde und das Leben als Schülerin und ihr Phantasieland ist immer öfters gerade "geschlossen" weil dort alle "im Urlaub" sind.

Ich glaube,  jeder hat nun hier in der Familie seinen Platz gefunden und ist endlich angekommen! 






Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden