Leben mit dem PFIC III - Syndrom

die Zeit danach und wenn Ärzte den Eltern nicht glauben

"Der Alptraum beginnt ..."

Nach vier Tagen im Krankenhaus wurde ich entlassen.
Natürlich waren alle unsere Freunde und Familie begeistert. 
Auch Rebecca, nun stolze große Schwester, war glücklich.
Lilli lebte sich sehr gut ein und war sehr pflegeleicht. 
Das einzige was uns etwas Sorgen bereitet hatte war ihr Trinkverhalten. Sie trank jede Stunde und kam nie an die empfohlene Trinkmenge heran. Da ich nun schon ein Kind hatte welches auch nie das trank an Menge wie angedacht, ließ ich mich nicht verrückt machen. Sie trank eben wenig, dafür öfter. Oft sogar nach einer halben Stunde wieder. Es war nicht möglich eine Pause von zwei Stunden zu machen. 
Und hatte sie dann gertrunken so spuckte sie es mir später direkt wieder um die Ohren und verlangte dann wieder nach der Milch.  Aber ich war immer noch nicht beunruhigt. Es soll ja solche Babys geben. 

Meine Hebamme kam regelmäßig ins Haus und auch ihr fiel nichts komisches auf.
Lilli entwickelte sich und nahm langsam zu.
Alles in allem war alles perfekt. Zumindest die ersten sechs Wochen.
Dann begann der Alptraum und ich weiß nicht, ob ich das jemals vergessen werde......
                                 
                                   
Es begann mit dem Schreien!

Und wie sie schrie.

Stundenlang schon von früh an bis in den späten Abend hinein, mit nur kurzen Pausen. Während mein Mann Rebecca zum Kindergarten fuhr und dann zur Arbeit ging, saß ich hier im Haus fest mit einem schreienden und unruhigen Baby. Es war egal was ich versuchte, sie schrie. Ich trug sie im Tragetuch und sie schrie, ich hielt sie im Arm und sie schrie, ich legte sie in die Wiege und sie schrie... vor der Flasche und während der Flasche und nach der Flasche schrie sie. Beim Spazieren gehen im Kinderwagen schrie sie. Sie schrie eigentlich immer.

Zur Ruhe kam sie manchmal wenn sie fest gepuckt wurde  - also in eine dünne Wolldecke gewickelt war. Und das auch nur für so eine oder - mit viel Glück - auch zwei Stunden. Ich weiß nicht, wie oft ich in der ruhigen Zeit heulend im Wohnzimmer gesessen habe und fertig mit der Welt war ...

Beim Kinderarzt hieß es immer nur, daß alles in Ordnung sei. Sie wäre halt ein Schreibaby und damit müsse ich zurecht kommen.
Mein Mann kam abends von der Arbeit und nahm mir die Kleine ab und ich hatte Zeit, mich um die Große zu kümmern.
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich beim Kinderarzt vorstellig geworden bin. Jedesmal bat ich ihn, das Baby genauer anzusehen. Ich erzählte ihm von ihrem Trinkverhalten, daß sie massenhaft spuckte und besonders am Abend und in der Nacht furchtbar laut aufstieß und die Milch wieder hochkam. Jedes Bäuerchen kam mit einem regelrechten Knall aus dem Bauch geschossen, daß ich mich grundsätzlich furchtbar erschrocken hatte. Und Lilli muß es furchtbar wehgetan haben.

Ab dem dritten Lebensmonat bat ich den Kinderarzt um eine Blutentnahme um sicher zu gehen, daß wirklich alles in Ordnung sei. Er verweigerte dies mit der Begründung: "Wissen sie, SIE machen ihr Kind verrückt. SIE machen die Kleine unruhig. Werden sie mal gelassener. Sie ist ein Schreibaby und glauben sie mir: seien sie froh, daß ihr Mann noch da ist! Ich habe bereits fünf Ehen erlebt, die sind wegen einem solchen Baby kaputt gegangen!  (...) "

Angesprochen auf die schlechte Haut unserer Tochter bekam ich nur zu hören, es sei die Babyakne! Aber Lilli hatte die Babyakne bereits hinter sich gelassen und sie sah wirklich schlimm aus! Die Wangen waren extrem verschorft, die Haut ledrig und wie mit Kratern durchsetzt. Lilli kratzte sich permament am ganzen Körper sobald sie nackt war oder an Haut kam. 

Mittlerweile hatte ich eine Lösung gefunden, wie sie zumindest tagsüber ein wenig schlief:  ich stellte fest, daß sie jedesmal im Schneeanzug ruhig wurde wenn wir Rebecca vom Kindergarten abholen mussten. Ich testete es also eines Tages am Nachmittag aus als sie wieder so schrie, hielt ihr den Overall vor das Gesicht und sie verstummte. Ich zog ihn ihr an und bedeckte den Kopf mit einer dünnen Mütze. So schlief sie auf unserem Bett bei geöffnetem Fenster und Minusgraden manchmal bis zu vier Stunden durch!

Zwischendurch versuchte ich andere Kinderärzte unserer Stadt davon zu überzeugen, Blut zu entnehmen und somit eine organische Ursache für ihr unruhiges Verhalten, das Kratzen und das Schreien auszuschließen. Doch jedesmal bekam ich eine Abfuhr.
Niemand kann sich vorstellen, was wir durchgemacht haben!
Mein Mann ging mit dem Geschrei in den Ohren zur Arbeit, kam abends zum Geschrei zurück und übernahm die Kleine. Ich war bereits so bedient und überfordert mit der Situation, daß ich begann an mir als Mutter zu zweifeln. 
Was hatte ich mich auf unser Baby gefreut - und was hatten wir statt dessen bekommen?!

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Ich begann zu forschen und dachte, sie könnte evtl. eine Milcheiweißunveträglichkeit haben. Ich versuchte eine Umstellung auf Sojamilch. Es wurde etwas besser, aber nur wenig.
Wieder lehnte man meine Bitte nach einer Blutuntersuchung ab. In DEM Alter könnte man einen solchen Test angeblich nicht machen...

Als Lilli dann mit 4 Monaten kränklich erschien - sie hatte keine Erkältung oder so, sie war nur irgendwie anders, fuhr ich mit ihr in die Notfallambulanz für Kinder. Sie brodelte stark, hatte jedoch keinen Husten oder Schnupfen. Die Kinderärztin dort untersuchte sie und schloss einen Infekt aus. Das Brodeln sei ihre Luftröhre, diese sei wohl noch etwas dünn, es würde sich verwachsen. Angesprochen auf die Gesamtsituation beruhigte sie mich auch nur und meinte, manche Kinder seien eben so und würden sich nicht an die Umwelt anpassen können. Daher auch das Kratzen!

Als Lilli fünf Monate alt war, gab unser Kinderarzt uns eine Überweisung für die Schreiambulanz in Düsseldorf - Gerresheim. Es folgte ein langes Gespräch mit uns und Lilli wurde untersucht. 
Allerdings wurde meine Bitte der Blutentnahme erneut abgeschmettert.
Stattdessen mussten wir für zwei Wochen ein Protokoll führen in dem wir eintrugen, wann sie die Flasche bekommen hatte, wann sie schlief, wann sie schrie, wann sie wach war!
Beim zweiten Termin hieß es, wir sollten auf einen straffen Rythmus achten und den Tag immer gleich strukturieren! 
Aber genau das taten wir ja schon zwangsläufig!

Zwischendurch hatten wir natürlich auch die Vorsorgeuntersuchungen der Kleinen. Jedesmal hörte ich nur, dass alles unauffällig sei, jedoch sei sie immer zu klein gewesen.

                                    
Wir stellten folgende Defizite fest im Laufe des ersten Lebensjahres:  

-  Lilli drehte sich nur von Bauch auf den Rücken, nicht anders herum
-  sie krabbelte nicht und kam nicht in den Vierfüßlerstand
-  sie nahm keine feste Mahlzeit an, trank nur die Flaschen
-  sie fand grundsätzlich nie in den Schlaf und schlief nicht durch
-  sie konnte sich nicht alleine beruhigen
-  sie trank nachts drei Flaschen Milch und wurde bis zu 16x wach -   das hieß für uns:  aufstehen und   trösten im Dauereinsatz
-  Lilli konnte sich nicht alleine  hinsetzen
-  saß bombenfest, wenn man sie hinsetzte mit 10 Monaten
-  sie zog sich nirgendwo hoch und lief nie an Möbeln entlang
-  mit 11 Monaten lief sie alleine und frei und sicher, kam jedoch nie  
   hoch; ich musste sie zum Laufen hinstellen! 
-  mit 12 Monaten begann sie sich hochzuziehen
-  sie aß selten feste Nahrung und wenn dann nur Brei
-  sie hatte keinerlei Zähne
-  der Stuhlgang war zwischendurch entfärbt
-  sobald sie auf unserem Schoß saß oder in ihrem Hochstuhl, kippte 
   sie nach hinten weg und streckte die Beine von sich, verkrampfte 
   am ganzen Körper total und zitterte dabei stark
-  sie entwickelte Stereotypen wie mit den Zeigefingern ewig an 
   ihren Bauch zu tippen - immerzu.
-  sie mochte absolut keinerlei Höhe und Schaukeln fand sie 
   unerträglich
-  sie kratzte sich weiter und ihre Arme und Beine hatten nun schon
   viele Wunden und Narben. Ich verband alles stets und achtete auf 
   kurze Fingernägel
-  längere (für Kinder im Alter von 1 - 1,5 Jahren geeignete) Strecken
   schaffte sie kaum.
-  sie schrie tägl. fast 22h bis sie etwa 9 Monate alt war.
- Baden war nach der 4. Lebenswoche nicht möglich weil sie durchdrehte.
   (erst mit 2 Jahren tolerierte sie das Baden zusammen mit ihrer Schwester)

   ( ... )
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Mittlerweile war es April 2007 geworden.
Sie war 14 Monate alt und hatte immer noch keinen Zahn. Bei der U - Untersuchung wurde festgestellt, daß ihr Kopf etwas klein war. Allerdings gab der Arzt keinen Kommentar von sich aus ab. 
Erst auf mein Nachfragen, was es zu bedeuten hätte hieß es:
" Kann es sein, daß in ihrer Familie irgendwo geistige Behinderungen aufgetreten sind?
Ein kleiner Kopf ist immer ein Hinweis auf eine geistige Behinderung!"

Nein, sowas gab es nicht! Ich war sprachlos!
Er hatte sie nichtmal richtig untersucht - kein Bauch abtasten oder sonst etwas!
Auf meine Bitte, den Bauch einmal genauer anzusehen, er sei doch sehr dick, hieß es, sie solle eben weniger essen!
Auf den hellen Stuhl angesprochen hieß es, sie solle eben nicht mehr so viel Milch trinken!
Für die Wunden durch das Kratzen in Gesicht, an de Händen und an den Beinen bekam ich Jodsalbe und Verbandsmaterial. Alle anderen Auffälligkeiten ignorierte der Arzt vollkommen!

Mitte April entzündete sich eine Wunde am Arm stark und es begann sich alles drumherum sehr zu röten. Zudem fiel mir auf, daß Lilli zwischendurch ganz zart gelb wurde. 
An dem Tag - es war sommerlich warm und wir waren im Garten - fiel es mir wie Schuppen von den Augen:  da stimmt was nicht mit der Galle oder der Leber!

Zu unserem Kinderarzt sowie den anderen Ärzten hier in der Stadt wollte ich nicht mehr gehen. Also telefonierte ich herum und fand eine Kinderärztin in Düsseldorf, die uns auch sofort aufnahm.
Noch am selben Tag sah sie sich die Kleine an und ordnete für den nächsten Morgen ein Labor nüchtern an!
So geschah es dann auch und nach zwei Wochen musste erneut Blut entnommen werden da die Leberwerte zu hoch waren. Auch das zweite Labor zeigte extrem hohe Leberwerte an und ein Ultraschall der Bauchorgane eröffnete uns, daß die Leber und die Milz sehr stark vergrößert waren!



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